Antrag zum Erhalt des Kunstwerks Walter Krölls durch den Kreistag angenommen
Antrag zum Erhalt des Kunstwerks Walter Krölls an der Limesschule in Pohlheim in Verbindung mit einer kritischen Untersuchung zu seiner Rolle im Nationalsozialismus mit überwältigender Mehrheit durch den Kreistag angenommen
Im Rahmen der vergangenen Kreistagssitzung haben sich die Freien Demokraten gleich mit einem erfolgreichen Antrag in die parlamentarische Sommerpause verabschieden können.
Dieser sieht den Erhalt eines bedeutsamen Wandreliefs des Gießener Künstlers Walter Kröll an der Limesschule in Pohlheim vor, welches nicht zuletzt mit Blick auf die Eröffnung der Grundschule vor 50 Jahren eine zentrale Rolle einnahm. Der bildnerische Schmuck aus Kupfer mit Glas habe nämlich zum Ziel, die Zweckbestimmung jenes Bauwerks abzubilden, die über die Jahre nichts an ihrer Aktualität eingebüßt hat.
Einem Bauwerk, in dem ein „[…] ungezwungener, allen Zweigen des Lebens gegenüber aufgeschlossener Geist […]“ herrsche, der die Diversität der unterschiedlichen Fachrichtungen – von Sport, über Musik bis hin zur Kunst, inklusive den daraus abgeleiteten Grundwerten eines gleichberechtigten menschlichen Zusammenlebens – umfasse.
Doch genau diese Werte, die das Relief zum Ausdruck bringen soll, sehen einige Menschen im Widerspruch zum Wirken Krolls während der NS-Diktatur. So bezeichnete ihn der Gießener Lokalhistoriker Jörg-Peter Jathow mit Verweis auf seine Mitgliedschaft des im Jahr 1943 gegründeten Oberhessischen Künstlerbundes (OKB) als „[…] Repräsentanten der hiesigen Nazi-Bewegung […]“. Die frühere Leiterin der Kreisvolkshochschule, Marianne Ebsen-Lenz, kam jedoch zu einer ganz anderen Einschätzung und urteilt wie folgt: „Nach allem, was seitens seiner ehemaligen Schüler – auch während der Vernissage – zu hören war, scheint es sehr unwahrscheinlich, dass er überzeugter Nazi, gewissenlos-ehrgeiziger Trittbrettfahrer
oder auch nur argloser Günstling des Dritten Reiches gewesen ist.“
Die Gießener FDP-Kreistagsfraktion sei an einer konsequenten Aufklärung der zum Teil erhobenen Vorwürfe gegenüber Walter Kröll interessiert. Die Kritik an der Person des Künstlers aufnehmend wird der Kreisausschuss nun deshalb prüfen, auf welche Art und Weise (z.B. durch ein Forschungsprojekt) und mit wem (Herrn Jörg-Peter Jatho, OKB, JLU Gießen etc.) ermittelt werden kann, ob Kröll ein Repräsentant der hiesigen Nazi-Bewegung bzw. in deren Aktivitäten verstrickt war und, wie die so gewonnenen Erkenntnisse im Kontext mit dem Wandrelief der Öffentlichkeit vermittelt werden können – z.B. durch eine öffentliche Veranstaltung im Rahmen des Neubezugs der Schule, eine begleitende Tafel oder im Rahmen einer Sonderausstellung zu Walter Kröll.
Vanessa Rücker, ihrerseits Mitglied im Ausschuss für Schule, Bauen, Planen und Sport, wies in ihrer ersten Rede als neue Parlamentarierin darauf hin, dass man nicht durch schnelle Vorverurteilungen, sondern ausschließlich über den kritischen Diskurs und einer angemessenen Kontextualisierung den Verdiensten Krölls für die Region und darüber hinaus gerecht werden könne: „Dieses Kunstwerk lädt zur Debatte ein und wir möchten diese Debatte gerne aufnehmen. Daher setzen wir uns für die wissenschaftliche Einordnung seiner Person ein, ohne dabei die identitätsstiftende Bedeutung seiner Kunst zu verkennen.“