Einsatzlagen in Gießener Erstaufnahmeeinrichtung: FDP-Delegation informiert sich auch bei Polizei

20.06.2021

Hahn: „Die Landesregierung muss alles daransetzen, in Flüchtlingsunterkünften den Integrationsgedanken zu stärken und Straftaten präventiv zu vermeiden“

Der innenpolitische Sprecher der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, Stefan Müller, war gemeinsam mit dem FDP-Landtagsvizepräsidenten Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn, dessen Amtsvorgänger Wolfgang Greilich und dem Gießener FDP-Kreisvorsitzenden und Kandidaten für die Bundestagswahl Dennis Pucher zu Gast im Polizeipräsidium Gießen, um mit dem Leiter der Abteilung Einsatz Manfred Kaletsch, dem stellvertretenden Leiter der Polizeidirektion Gießen Stefan Jilg und Leiter der Koordinierungsstelle Ausländerwesen Jens Seeger über die häufigen Einsatzlagen in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) zu sprechen. In den vergangenen Monaten war die EAEH oftmals Gegenstand negativer Berichterstattung.

„Die Kollegen der Polizeistation Gießen erfahren durch die örtliche Erstaufnahmeeinrichtung eine hohe Belastung. Die zeitliche Taktung zwischen den Einsätzen ist zum Teil sehr eng, Gründe hierfür liegen auch in hohen Einsatzzahlen in der Erstaufnahmeeinrichtung“, machte Kaletsch deutlich. Im Jahr 2020 habe es rund 1000 Polizeieinsätze in der EAEH gegeben, das seien durchschnittlich rund drei Einsätze pro Tag. Jilg ergänzte, dass es schon Nächte gegeben habe, in denen einige Polizisten dauerhaft aufgrund von Ausschreitungen in der Einrichtung gebunden gewesen seien. Die Polizeibeamten stellten klar, dass die meisten der Bewohner absolut friedlich und im Einklang mit dem Gesetz leben würden. Seit März 2020 habe sich die Situation vor Ort durch strenge, aber notwendige, Hygiene- und Quarantänevorschriften in der Erstaufnahmeeinrichtung verschärft, mögliches Konfliktpotenzial habe sich vergrößert.

Auf die Frage der Liberalen, wie sich die Zusammenarbeit mit der Einrichtungsleitung darstelle, antwortete Jilg: „Die Zusammenarbeit mit der Einrichtungsleitung und den Bediensteten ist gut. Wir befinden uns in regelmäßigen fachlichen Austausch. Problemfelder werden zeitnah besprochen.“

„Wir Freie Demokraten erwarten auch von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, dass sie unserer Werte und Rechte achten und respektieren. Häufige Ausschreitungen und Einsatzlagen in der Gießener Erstaufnahmeeinrichtung sind nicht hinnehmbar. Die Landesregierung muss alles daran setzen, in Flüchtlingsunterkünften den Integrationsgedanken zu stärken und Straftaten präventiv zu vermeiden“, erklärte der ehemalige und erste Integrationsministers Hessens, Jörg-Uwe Hahn, bei dem Austausch.

Die Frage des FDP-Innenpolitikers Müller, welche Kriminalitätsschwerpunkte innerhalb der Aufnahmeeinrichtung auftreten, beantwortete Seeger so: „Oftmals haben wir es mit niedrigeschwelligen Delikten im Bereich von Diebstählen, Körperverletzungen und auch Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu tun. Wenn es um die Rückführung straffällig gewordener Asylbewerber geht, gibt es derzeit Schwierigkeiten. Einige nordafrikanischen Staaten nehmen derzeit aufgrund der Corona-Pandemie keine aus Deutschland abgeschobenen Personen auf.“ Die Polizeibeamten wiesen darauf hin, dass Asylbewerberinnen und Asylbewerber aufgrund Verteilungsmaßnahmen innerhalb Deutschlands mehrfach den Wohnsitz ändern müssten. „Aufgrund der Änderung des Wohnsitzes kommt es dann zu einer Änderung der Zuständigkeiten. Dies kann dann im Rahmen von Strafverfahren zu Problemstellungen führen. Insbesondere bei länderübergreifenden Verlegungen ist ein Informationsdefizit möglich. Hier wäre eine Ausweitung des bestehenden Datenverbundes wünschenswert. Dies würde unsere Arbeit erleichtern und gegebenenfalls für eine schnellere und sachgerechtere Abwicklung des Verfahrens sorgen“, stellte Seeger fest. 

Bei der FDP-Delegation um Müller stieß Seeger damit auf offene Ohren. „Eine schnelle Abwicklung des Ermittlungsverfahrens ist wünschenswert. Straftaten müssen fokussiert und zügig zur Anklage gebracht werden. Dies schafft Vertrauen der Bevölkerung und vermeidet Frustration bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, wenn ihre umfangreiche Arbeit schnell Früchte trägt. Ein Vorbild für eine solche schnelle und fokussierte Abwicklungen könnten die Häuser des Jugendrechts sein“, so der innenpolitische Sprecher der FDP Landtagsfraktion.

Die Kommunalpolitiker Greilich und Pucher nutzten die Möglichkeit, um mit den Vertretern der Polizei über die jüngsten nächtlichen Feierexzesse auf dem Univorplatz und den Lahnwiesen zu sprechen. „Die Stimmung unter den Feiernden wurde zunehmend aggressiver, sodass wir in der besagten Nacht zusammen mit vielen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und unter Einsatz von Diensthunden den Univorplatz geräumt haben“, erklärte Kaletsch. Hinterlassen worden seien viel Müll und Scherben. „Wir werden diese Zustände nicht hinnehmen und an den kommenden Wochenenden eine starke Präsenz zeigen“, kündigte der Leiter der Abteilung Einsatz an.

 „Derartige Zusammenkünfte sind nicht hinnehmbar und für Anwohner eine große Belastung. Auch die Hinterlassenschaften sind unangenehm und zum Teil gefährlich, wie zum Beispiel die Scherben. Die Polizei hat die Partyexzesse professionell beendet, dafür gebührt ihr ein großer Dank. Die Polizei hält immer die Knochen hin für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung und dafür verdienen sie Rückhalt und Respekt, auch in der öffentlichen Debatte und aus der Politik“, so Greilich und Pucher abschließend.

Foto vlnr.: Stefan Müller, Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn, Manfred Kaletsch, Dennis Pucher
Foto: Geiß