Landwirte beklagen negative Stimmung
Mahnung vor schlechtem Bild der Bauern. Solms und Greilich für mehr Realpolitik.
„Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.“ – so reimt das Bundesumweltministerium auf Werbeplakaten in deutschen Innenstädten. „Da sieht man doch schon das Problem. So kann man doch mit den Landwirten nicht umgehen“, mahnte Manfred Paul, Vorstandsvorsitzender des Bauernverbandes Gießen/Wetzlar/Dill e.V.
Gemeinsam mit seinem stellv. Vorsitzenden Mathias Fritz, Geschäftsführer Hans-Martin Sames, dem Landtagsvizepräsidenten Wolfgang Greilich und Bundestagsvizepräsident a.D. Dr. Hermann Otto Solms war er zu Gast auf dem Hof der Familie Görlach in Lich-Eberstadt und berichtete den FDP-Politikern über die aktuelle Situation der Gießener Landwirte.
Die Hürden, denen sich die Landwirte gegenübersehen, sind vielfältig. Sinkende Milch- und Schweinepreise, dem ungerechtfertigten Vorwurf für angeblich steigende Nitratwerte im Grundwasser verantwortlich zu sein, Flächenverbrauch von Ackerland und die Billig-Konkurrenz aus dem Ausland machen den heimischen Landwirten schon länger zu schaffen. Viele Familienbetriebe wie der Görlach-Hof entwickeln hierbei eigene Strategien, um damit umzugehen. So reagierte Landwirt Sven Görlach auf die sinkenden Preise für seine Milch kreativ und verarbeitete einen Teil seiner Produktion direkt auf seinem Hof zu hochwertigem Speiseeis. Eis vom Bauernhof – das setzte sich durch und erfreut sich großer Beliebtheit. „Durch die Eisproduktion bleibt uns deutlich mehr vom Liter Milch als bei den großen Molkereien und macht uns unabhängiger vom niedrigen Milchpreis“, erklärte der Landwirt.
Zu den Problemen, denen viele Bauern kreativ begegnen, mischt sich in den letzten Monaten und Jahren vermehrt eine negative Stimmung, denen sich die Landwirte ausgesetzt sehen. Viele Probleme werden allein an der Landwirtschaft festgemacht und immer mehr Bauern vermissen die Rückendeckung in der Politik. Der versprochene Bürokratieabbau in der Landwirtschaft lässt seit Jahren auf sich warten und die Bauern bekommen stattdessen immer neue Verordnungen auferlegt. Die Umweltministerien rücken mit den jüngsten Kampagnen die Landwirtschaft in ein Licht, in das sie nicht gehört.
„Insbesondere die Bundesregierung liefert hierbei kein glückliches Bild ab. Anstatt an den täglichen Problemen der Landwirte, wie überbordende Bürokratie und realitätsferne Verordnungen, zu arbeiten, agieren das Landwirtschafts- und Umweltministerium im Bund komplett gegeneinander. Das ist eine unsägliche Situation und die Leidtragenden sind hierbei die Bauern“, erklärte Hermann Otto Solms mit Blick auf die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung.
Landtagsvizepräsident Wolfgang Greilich fordert in diesem Zusammenhang zu einem Umdenken auf. „Wir müssen uns den Wert der heimischen Landwirtschaft wieder bewusster machen. Unsere Lebensmittel wachsen nicht im Supermarkt und Bauern sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie sind die Produzenten unserer Grundnahrungsmittel, Landschaftspfleger, Kulturgut und insbesondere Arbeitgeber. Allein in Hessen hängen rund 50.000 Arbeitsplätze an der Landwirtschaft“, so Wolfgang Greilich.
Greilich weiter:
„Dieses Umdenken muss bereits in der Schule stattfinden. Die reguläre Arbeitswelt muss stärker in den Schulalltag integriert, anstatt immer weiter zurückgedrängt werden. Schülerinnen und Schüler müssen sich umfassend und ideologiefrei mit solchen Themen auseinandersetzen.“
Abschließend bekräftige dies auch Kreislandwirt Manfred Paul und rät jedem, sich von der Qualität der hessischen Landwirtschaft persönlich zu überzeugen: „Vorurteile in Bezug auf Tierwohl und Qualität in der Landwirtschaft lassen sich am besten vor Ort beseitigen. Unsere Bauern freuen sich über jeden, der sich selbst ein Urteil bilden möchte!“.